Gesprächscafé zum Thema Zwangsarbeit in Bad Düben

Bild: Fundament im ehemaligen Lager, Julia Tausend / raum4 e.V.
Bild: Fundament im ehemaligen Lager, Julia Tausend / raum4 e.V.

 

Christopher Mäbert vom Erich-Zeigner-Haus e.V. und Julia Tausend vom raum4 e.V. laden am 15. April von 12:15 bis 14:00 Uhr zu einem Gesprächscafé zum Thema Lager Heide und Zwangsarbeit in Bad Düben in unser Haus ein. Im Rahmen dieser Veranstaltung werden regionale Experten ihr Wissen und ihre Erinnerungen mit den Gästen teilen und sich im Anschluss gemeinsam mit den Anwesenden über die Geschichte der Zwangsarbeit in der Region austauschen.

 

Hintergrund zum Projekt:

Das Projekt „Lager Heide“ wurde 2023 in Zusammenarbeit mit der Oberschule Bad Düben, dem Evangelischen Schulzentrum Bad Düben, dem Landschaftsmuseum Dübener Heide, sowie weiteren Partner:innen aus der Region gestartet. Über einen Zeitraum von zwei Jahren werden die Geschichte des Lagers und Biografien von Menschen, die in Bad Düben und der Umgebung Zwangsarbeit leisten mussten, recherchiert sowie die Verflechtungen zwischen der Bevölkerung Bad Dübens, den Zwangsarbeiter:innen in der Region, zum Lager und zum Sprengchemiewerk untersucht.

 

Am Ende des Projekts entsteht ein Audiowalk, eine akustische Tour, die die Hörer:innen zu Orten in der Stadt Bad Düben führt, die mit Zwangsarbeit verbunden sind, und die das Lager Heide in die Stadt bringt. Die Veröffentlichung ist für den Oktober 2024 geplant.

 

Geschichtlicher Hintergrund:

1937 eröffnete im Waldgebiet bei Söllichau die Deutsche Sprengchemie Moschwig GmbH ein Werk zur Produktion von Nitrozellulosepulver und anderen Bestandteilen für die Herstellung von Sprengstoffen. Schnell entwickelte sich das Werk zu einem wesentlichem Produktionsort für die Kriegsindustrie, und das Werk wurde ein großer Arbeitgeber für die Region. Mit dem fortschreitenden Krieg jedoch herrschte auf der einen Seite ein eklatanter Mangel an Arbeitskräften in Deutschland, auf der anderen Seite sollte die Rüstungsproduktion weiter gesteigert werden. Arbeitskräfte für das Sprengchemiewerk wurden in verschiedenen Ländern zwangsrekrutiert und verschleppt. Ab Frühjahr 1942 lebten in Baracken auf dem Werksgelände - dem Lager Heide - über 1000 Menschen, die im Werk Zwangsarbeit leisten mussten. Weitere Zwangsarbeiter:innen waren an verschiedenen Orten in Bad Düben, zum Beispiel in ungenutzten Werkstatt- oder ehemaligen Gasträumen untergebracht.
Und es gab weitere Verknüpfungspunkte in die Stadt: In diversen Handwerks- oder landwirtschaftlichen Betrieben sowie in Geschäften in der Stadt und der Umgebung waren Zwangsarbeiter:innen, zum Teil neben ihrer Arbeit in der Sprengchemie, tätig. In der Behandlung der Zwangsarbeiter:innen wurden auf Grundlage der rassischen Einordnungen der NS-Ideologie große Unterschiede gemacht: so dass die sogenannten Westarbeiter:innen (zum Beispiel aus Belgien, Frankreich, den Niederlanden) weniger Einschränkungen hatten, als die sogenannten Ostarbeiter:innen (aus der Ukraine und der ehemaligen Sowjetunion).
So waren die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiter:innen sehr unterschiedlich: Im Lager Heide, wo viele Zwangsarbeiter:innen aus der Ukraine und der ehemaligen Sowjetunion lebten, waren die Baracken überbelegt, die Menschen wurden nicht ausreichend mit Nahrung versorgt, die Sanitäreinrichtungen waren ungenügend, ein Verlassen des Lagers war kaum möglich, Kontakte zur deutschen Bevölkerung waren untersagt. Arbeitsschutz spielte keine große Rolle, ebensowenig wurden die Arbeiter:innen angelernt, um die gefährlichen Arbeiten verrichten zu können, schwere Unfälle geschahen häufig.
In kleineren Lagern, oder in Privathaushalten in der Stadt waren vorrangig Zwangsarbeiter:innen aus westlichen Ländern untergebracht, deren Situation in den meisten Fällen etwas besser war. Dieser Teil der Stadtgeschichte ist kaum bekannt – das Anliegen des Projekts „Lager Heide“ ist die Geschichten der Menschen der Zeit zu erzählen und sichtbar zu machen.

 

Kontakt: Julia Tausend  / landschaftstheater(at)gmx.de